Studienarbeit  von Markus Ehm & Jan Linxweiler
Gesetze und Vorgaben

 

Kapitel 2 Gesetze und Vorgaben
    2.1 Das Projekt Goya
    2.2 Gundlagen des Brandschutzes
    2.3 Die Musterversammlungsstättenverordnung (MVStättV)
        2.3.1 Besucherzahlen (§1)
        2.3.2 Rettungswege (§6)
        2.3.3 Bemessung der Rettungswege (§7)
        2.3.4 Treppen (§8)
        2.3.5 Türen (§9)
        2.3.6 Bestuhlung (§10)
        2.3.7 Sicherheitsbeleuchtung (§15)
        2.3.8 Rauchableitung (§16)
        2.3.9 Feuerlöscheinrichtungen und –anlagen (§19)
        2.3.10 Brandmelde- und Alarmierungsanlagen (§20)
    2.4 Bezug zum Projekt Goya

 
 

 

 

Kapitel 2 Gesetze und Vorgaben

 

2.1 Das Projekt Goya  down

Der Goya Hauptstadtclub soll aus einer Umbaumaßnahme des Metropol am Nelldorfplatz in Berlin hervorgehen. Auf einer Fläche von mehr als 2000 m² soll das Gebäude bis zu 1500 Menschen sowohl als Restaurant als auch als Club zum Tanzen dienen. Im Wesentlichen besteht das Gebäude aus einem kompakten Raum mit einer Deckenhöhe von 16 m und zwei Balkonetagen. Der Club Goya soll im Folgenden als Referenzgebäude dieser Arbeit dienen. Zu diesem Zweck wurden vom Bauträger alle notwendigen Grundrisse zur Verfügung gestellt.

Das Gebäude erstreckt sich über vier Etagen, die über vier Treppenräume und zwei weitere Treppen in der Mitte des Gebäudes erreichbar sind. Ein Raumabschluss der einzelnen Geschosse ist nicht gegeben, da sich die zweite und dritte Etage in einer Art Atrium im mittleren Bereich eröffnen und somit der Raum des ersten Geschosses über die gesamte Gebäudehöhe ausgedehnt wird. Das Gebäude besitzt an der Vorderseite zwei Ein- bzw. Ausgänge. Die jeweiligen Treppenhäuser sind im Erdgeschoss zusätzlich mit einem Notausgang versehen.


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2.2 Grundlagen des Brandschutzes   downtop

Unter dem Begriff „Brandschutz“ versteht man die Summe von Maßnahmen zur Vermeidung von Bränden und zur Minimierung von Brandschäden.


Die Brandschutzmaßnahmen können unterteilt werden in technische sowie organisatorische Maßnahmen. Die technischen Brandschutzmaßnahmen sehen sowohl bauliche als auch anlagentechnische Maßnahmen vor, wohingegen der organisatorische Brandschutz in abwehrenden und betrieblichen Brandschutz unterteilt wird. Dieser Zusammenhang ist in Abbildung 2.1 dargestellt.

Abbildung 2.1 Struktur des Bradschutzes im Bauwesen nach [1]

 

Im Vordergrund stehen der bauliche und abwehrende Brandschutz, wobei von Seiten der Gesetzgebung i. A. dem baulichen Brandschutz Vorrang eingeräumt wird.

Das wichtigste Ziel des Brandschutzes ist der Personenschutz; d.h. der Schutz von Leben und Gesundheit ist für den Brandschutz von besonderer Bedeutung. Als weitere Schutzziele wären der Sachwertschutz sowie der Schutz der Umwelt zu nennen.

Um den Personenschutz und evtl. auch den Sachschutz sicherzustellen, sind seitens des Gesetzgebers Anforderungen an den Brandschutz gestellt. Diese sind in Form von Gesetzen (Bauordnungen) und den dazugehörigen Verordnungen sowie in den technischen Baubestimmungen und Verwaltungsvorschriften formuliert. Die jeweiligen Zusammenhänge sind in Abbildung 2.2 dargestellt.

Abbildung 2.2 Zusammenhänge zwischen bauaufsichtlichen Brandschutz-vorschriften,
Normen und technischen Richtlinien nach [2]

 

Die wichtigste Vorschrift ist die jeweilige Landesbauordnung deren Grundlage die Musterbauordnung (MBO) darstellt. Beispielsweise sagt §3 der MBO folgendes aus:

Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben und Gesundheit und die natürliche Lebensgrundlage, nicht gefährdet werden.

Durch die gesetzlichen Anforderungen an den Brandschutz wird das Risiko eines Einzelnen, Opfer eines Brandereignisses zu werden, auf begrenzt. Für das Auftreten von Ereignissen mit mehreren Opfern wird ein nochmals höheres Sicherheitsniveau verlangt. Dieses wird mit angesetzt. Gleichwohl ist die Wahrscheinlichkeit eines Einzelnen bei einem Brand das Leben zu verlieren im Vergleich zu anderen Gefahren relativ gering.

Um die allgemeinen Anforderungen der Bauordnung zu erfüllen ermächtigt die Bauordnung die obersten Baubehörden zum Erlass von Durchführungsverordnungen. Des Weiteren ist der Inhalt der Bauordnungen zum größten Teil auf Wohngebäude ausgerichtet. Diese Anforderungen lassen sich allerdings nicht auf alle Bauwerke übertragen. Die MBO definiert daher in §2 die so genannten „Sonderbauten“, für die gesonderte Verordnungen existieren.

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2.3 Die Musterversammlungsstättenverordnung (MVStättV)   downtop

Zu den oben genannten Sonderbauten zählen unter anderem Versammlungsstätten. Für den Bau und den Betrieb von Versammlungsstätten werden in der Musterversammlungsstättenverordnung zusätzliche Vorschriften definiert. Oberstes Schutzziel bei Sonderbauten für große Menschenansammlungen ist zweifelsohne der Personenschutz; die Bedeutung von Maßnahmen, welche dem Sach- oder Umweltschutz dienen, tritt demgegenüber zurück. Der Personenschutz ist deshalb so bedeutsam, weil es darum geht, neben der Flucht und Rettung sowie einer schnellen Erstbekämpfung des Brandes, der Entstehung einer Panik vorzubeugen. Aufgrund der großen Personenzahl ist grundsätzlich besonders die Selbstrettung sicherzustellen. Im Folgenden werden Aspekte der MVStättV herausgestellt, die für die Selbstrettung bzw. Evakuierung von besonderer Bedeutung sind. Hierbei wird insbesondere auf Details eingegangen, die in direktem Bezug zu dem Projekt Goya stehen. [11], [15], [16]

 

2.3.1 Besucherzahlen (§1)   downtop

Als Versammlungsstätten gelten laut MVStättV Versammlungsräume, die mehr als 200 Besucher fassen, Versammlungsstätten im Freien, deren Besucherbereich mehr als 1.000 Besucher fasst und Sportstadien, die für mehr als 5.000 Besucher vorgesehen sind.

Die Zahl der Besucher ist dabei wie folgt zu bemessen:

  • für Sitzplätze an Tischen:                                   1 Besucher je m² Grundfläche
  • für Sitzplätze in Reihen und für Stehplätze:    2 Besucher je m² Grundfläche
  • für Stehplätze auf Stufenreihen:                       2 Besucher je m² Grundfläche

 

2.3.2 Rettungswege (§6)   downtop

Laut MVStättV müssen alle Rettungswege ins Freie zu öffentlichen Verkehrsflächen führen. Zu diesen Rettungswegen zählen insbesondere die freizuhaltenden Gänge und Stufengänge, Ausgänge, Flure, notwendige Treppen, Balkone, Dachterrassen und Außentreppen. Jedes Geschoss/jede Tribüne muss mindestens zwei voneinander unabhängige bauliche Rettungswege haben. Einer dieser Rettungswege darf dabei durch Foyers oder Hallen geführt werden. Für Geschosse mit mehr als 800 Besuchern sind die Rettungswege nur diesen zuzuordnen. Weiterhin müssen Versammlungsräume mit einer Grundfläche von mehr als 100m² jeweils zwei möglichst weit auseinander liegende Ausgänge zu Rettungswegen haben. Alle Ausgänge und Rettungswege müssen durch entsprechende Sichtzeichen dauerhaft und gut sichtbar gekennzeichnet sein.

 

2.3.3 Bemessung der Rettungswege (§7)   downtop

Die Musterversammlungsstättenverordnung gibt vor, dass die Entfernung eines Besucherplatzes zum nächsten Ausgang bei einer lichten Raumhöhe von bis 5 m nicht mehr als 30 m betragen darf. Wenn die lichte Höhe mehr als 5 m beträgt, so darf die Rettungsweglänge je 2,5 m zusätzlicher Höhe um 5 m verlängert werden. Allerdings darf dabei eine maximale Länge von 60 m nicht überschritten werden.

Die Breite der Rettungswege ist nach der größtmöglichen Personenzahl zu bemessen. Die lichte Mindestbreite der Rettungswege beträgt 1,20 m. Hier wird unterstellt, dass für eine Person eine Durchgangsbreite von 0,60 m erforderlich ist. Aus der Forderung, dass jeweils zwei Personen ohne gegenseitige Behinderung einen Rettungsweg nutzen können, resultiert die erforderliche Mindestbreite von 1,20 m. Es wird davon ausgegangen, dass für das Verlassen eines Raumes durch einen 0,60 m breiten Ausgang 50 Personen ca. 1 Minute benötigen. Aus einer geforderten Entleerungszeit von 6 Minuten für Tribünen im Freien und
2 Minuten im Innenraum folgt: Die lichte Breite für Rettungswege im Freien für 600 darauf angewiesene Personen muss mindestens 1,20 m betragen. Übertragen gilt für alle anderen Versammlungsstätten (Innenraum), dass lediglich 200 Personen auf einen Rettungsweg der lichten Breite 1,20 m angewiesen sein dürfen. Die Rettungswegbreite darf in beiden Fällen in Schritten von 0,60 m gestaffelt werden.

 

2.3.4 Treppen (§8)   downtop

Für Treppen darf eine lichte Breite von 2,40 m nicht überschritten werden. Schachteltreppen sind laut MVStättV zulässig. Folglich ist die Führung jeweils unterschiedlichen Geschossen zugeordneter Treppen in einem gemeinsamen Treppenhaus gestattet. Jedoch sind Wendeltreppen als notwendige Treppen für Besucher unzulässig.

 

2.3.5 Türen (§9)   downtop

Türen in Rettungswegen müssen in Fluchtrichtung aufschlagen und dürfen keine Schwellen haben. Während des Aufenthaltes von Personen in der Versammlungsstätte müssen die Türen der Rettungswege zu jeder Zeit von innen geöffnet werden können. Türen, die selbstschließend sein müssen, dürfen offen gehalten werden, wenn sie Einrichtungen besitzen, die ein selbsttätiges Schließen der Türen bei Raucheinwirkung bewirken. Mechanische Vorrichtungen zur Vereinzelung der Besucher, wie Drehtüren, sind in Rettungswegen unzulässig, solange diese im Gefahrenfall nicht von innen in voller Breite geöffnet werden können.

 

2.3.6 Bestuhlung (§10)   downtop

Von jedem Tischplatz darf der Weg zu einem Gang nicht länger als 10 m sein. Wobei der Abstand von Tisch zu Tisch 1,50 m nicht unterschreiten soll.

 

2.3.7 Sicherheitsbeleuchtung (§15)   downtop

In Versammlungsstätten muss eine Sicherheitsbeleuchtung vorhanden sein, die so beschaffen ist, dass es u.a. Besuchern ermöglicht wird, auch bei einem Versagen der allgemeinen Beleuchtung sich innerhalb der Rettungswege zurechtzufinden.

 

2.3.8 Rauchableitung (§16)   downtop

Versammlungsstätten mit mehr als 200 m² Grundfläche müssen Rauchabzugsanlagen haben. Diese müssen so bemessen sein, dass sie eine raucharme Schicht von mindestens 2,50 m ermöglichen. Für Versammlungsräume mit nicht mehr als 400 m² Grundfläche genügen Rauchableitungsöffnungen mit einer freien Öffnungsfläche von insgesamt 2 Prozent der Grundfläche, Fenster oder Türen mit einer freien Öffnungsfläche von insgesamt 2 Prozent der Grundfläche oder maschinelle Rauchabzugsanlagen mit einem Luftvolumenstrom von 36m³/h je Quadratmeter Grundfläche.

 

2.3.9 Feuerlöscheinrichtungen und –anlagen (§19)   downtop

Versammlungsräume, notwendige Flure etc. sind mit geeigneten Feuerlöschern in ausreichender Zahl auszustatten. In Versammlungsstätten mit einer gesamten Grundfläche von mehr als 1.000 m² müssen Wandhydranten an geeigneten Stellen angebracht sein. Versammlungsstätten mit einer Grundfläche von mehr als 3.600 m² müssen, sofern die einzelnen Versammlungsräume nicht kleiner als 400 m² sind, ebenso wie Foyers oder Hallen, durch die Rettungswege führen, eine automatische Feuerlöschanlage haben.

 

2.3.10 Brandmelde- und Alarmierungsanlagen (§20)   downtop

Versammlungsstätten mit mehr als 1.000 m² Grundfläche müssen Brandmeldeanlagen mit automatischen und nichtautomatischen Brandmeldern haben. Die Brandmeldungen müssen automatisch zur Leitstelle der Feuerwehr weitergeleitet werden. Zudem müssen solche Versammlungsstätten Alarmierungs- und Lautsprecheranlagen haben, mit denen im Gefahrenfall Besucher und Betriebsangehörige alarmiert und Anweisungen erteilt werden können.


2.4 Bezug zum Projekt Goya   top

Nach dem Wunsch der Betreiber des Goya Hauptstadtclubs soll dieser bis zu 1.500 Besuchern Platz bieten. Die Anforderungen an die Bemessung der Rettungswege nach §1 MVStättV lassen allerdings lediglich eine maximale Besucherzahl von 1.300 Personen zu. Da die Anforderungen der MVStättV hier nicht erfüllt werden, soll das Einhalten der notwendigen Entfluchtungszeit durch zusätzliche Methoden (buildingExodus) bestätigt werden.
Die maximale Breite der Treppen nach §8 ist im Fall des Goya Hauptstadtclubs eingehalten. Zu beachten ist an dieser Stelle, dass die Wendeltreppe nicht als Rettungsweg für Besucher angesetzt werden darf. Die Drehtüren im Eingangsbereich des Clubs können allerdings infolge der Anforderungen aus §9 in voller Breite dem Rettungsweg angerechnet werden.