Studienarbeit  von Markus Ehm & Jan Linxweiler
Simulationsergebnisse für den Goya Club

 

Kapitel 6 Simulationsergebnisse für den Goya Club
    6.1 Entfluchtung des bestehenden Gebäudes unter definierten
            Randbedingungen

    6.2 Nutzung des ersten Stockwerkes als Tanzfläche oder Gastronomiebereich
    6.3 Veränderungen bei eingeschränkter Nutzung von Ausgängen
    6.4 Evakuierungsergebnisse unter Berücksichtigung baulicher Änderungen

 
 

 

 

Kapitel 6 Simulationsergebnisse für den Goya Club

In den folgenden Kapiteln sollen die Ergebnisse für die Entfluchtungssimulation des Goya Hauptstadtclubs dargestellt werden. Auf Grund der bereits beschriebenen umfangreichen Anzahl von Parametern ist es unmöglich, eine genaue Evakuierungsdauer anzugeben. Stattdessen werden die Resultate in Bezug zu den gewählten Einstellungen gesetzt und in Form von Durchschnittswerten und Abweichungen präsentiert.
Zudem wird eine Unterteilung in verschiedene Fluchtszenarien vorgenommen, um den verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten des Gebäudes gerecht zu werden und ebenfalls gewisse Einschränkungen in der Zugänglichkeit der Rettungswege zu simulieren.
Am Ende des Kapitels wird eine Variante aufgezeigt, die eine eventuelle Fluchterleichterung ermöglicht bzw. eine Erhöhung der Besucherzahlen zulässt.
Alle Versuchsergebnisse beruhen, falls nicht anders angegeben, auf Simulationen mit 1300 bzw. 1500 Personen der Standardpopulation, die frei über die Geometrie verteilt sind.
Die Variation von Parametern wird reduziert auf die Funktionen bezüglich des Potentialfeldes, „local Potential“ und „floor Potential“.

 

6.1 Entfluchtung des bestehenden Gebäudes unter definierten Randbedingungen  downtop

Die Entfluchtungszeiten für das Gebäude, wie es in Kapitel 4.2.2 beschrieben ist, ergeben sich aus vier Versuchsreihen, die wiederum aus mehreren Einzelversuchen bestehen.
Für jede Populationsgröße wurden die Funktonen „local Potential“ und „floor Potential“ gewählt.
Die Durchschnittsergebnisse einer Versuchsreihe setzen sich aus fünf Einzelversuchen zusammen.
In Tabelle 9 sind die Ergebnisse der Entfluchtungssimulation dargestellt. Es wird ersichtlich, dass sehr große Unterschiede zwischen den Verfahren „local Potential“ und „floor Potential“ bestehen. Unter Nutzung der erstgenannten Funktion flüchten die Personen ausschließlich durch die vier Treppenhäuser ins Freie und lassen die Treppen im Gebäudeinneren außer Acht. Dadurch entstehen an den verwendeten Fluchtwegen lange Warteschlangen, die die Evakuierung verzögern.
Der genauere Verlauf der Simulation kann in Abbildung 6.1 betrachtet werden. Die Graphen 1 und 2 zeigen den Hergang für „local Potential“, die übrigen Graphen repräsentieren den Verlauf mit „floor Potential“. Hier wird ein weiterer Grund für die zeitlichen Unterschiede erkennbar. Die Graphen 3, 4 und 5 weisen etwa bis zu dem Zeitpunkt 120 Sekunden eine gleich bleibende Steigung auf, was darauf schließen lässt, dass bis dahin alle Ausgänge genutzt werden. Die Simulation unter Nutzung der Funktion „local Potential“ führt hingegen dazu, dass bereits nach ca. 50 Sekunden ein Abfall in der Steigung des Graphen zu beobachten ist. An dieser Stelle erreichen keine Personen mehr die Hauptausgänge im Eingangsbereich des Goya Clubs, da diese größtenteils über die Treppen im Gebäudeinneren erreichbar sind.
Die Funktion „floor Potential“ führt demnach zu einer besseren Verteilung der Population auf alle Ausgänge, was insgesamt kleinere Warteschlangen und kürzeren Evakuierungsdauern zur Folge hat.
Beide Verfahren für sich betrachtet, spiegeln ein unrealistisches Verhalten der Simulationsbevölkerung wider. Die Evakuierungsdauer muss als Zwischenwert beider Ergebnisse gesehen werden, was bei einer Population von 1300 Personen etwa 7:30 ergibt.

Betrachtet man die Ergebnisse und Graphen gleicher Simulationsbedingungen, erkennt man Abweichungen in einer Größenordnung von ca. 5%.
Wird die Population um 200 Individuen vergrößert, ergeben sich längere Evakuierungszeiten.

Im Anhang befindet sich eine Ergebnisdatei für die Entfluchtungssimulation des Goya Clubs nach dem Verfahren „floor Potential“. Auf Grund des Dateiumfangs wurde die Populationsgröße auf 500 Personen begrenzt.

 

Entfluchtungszeiten [mm:ss]

Local Potential

Floor Potential

1300 Personen

Durchschnitt

9:10

5:49

höchster Wert

9:36

6:01

niedrigster Wert

8:43

5:37

Abweichung nach oben/unten in %

4,7% /

4,9%

3,4% /

3,5%

1500 Personen

Durchschnitt

9:40

6:15

höchster Wert

9:51

6:39

niedrigster Wert

9:31

5:55

Abweichung nach oben/unten in %

2% /

1,6

6,4% /

5,3%

Tabelle 9 Entfluchtungszeiten für den Goya Club

 

Abbildung 6.1 Graphische Darstellung der Entfluchtung

 

6.2 Nutzung des ersten Stockwerkes als Tanzfläche oder Gastronomiebereich   downtop

Der innere Bereich des ersten Stockwerks kann sowohl als Tanzfläche genutzt als auch mit Tischen und Stühlen zur Bewirtung der Gäste ausgestattet werden. Um diesen unterschiedlichen Nutzungsszenarien gerecht zu werden, müssen verschiedene Simulationen durchgeführt werden. Abbildung 6.2 zeigt einen Ausschnitt dieses Dinnerbereichs mit Sitzplätzen für 360 Personen. Auf der übrigen Simulationsfläche befinden sich weitere 940 bzw. 1140 Individuen. Wie zu erkennen ist, sind die Sitzreihen untereinander verbunden und können an den Rändern zu den freien Knoten verlassen werden.
Bereits in der CAD-Zeichnung ergeben sich zwischen den Sitzbereichen zum Teil sehr enge Durchgänge, die auf Grund der Diskretisierung nochmals eingegrenzt werden. Es ist zu prüfen, ob diese Behinderungen Einfluss auf die Simulation oder die Entfluchtungszeiten nehmen.

 

Abbildung 6.2 Die ersten Etage mit Stühlen und Tischen

 

Die Situation während der Evakuierung ist in Abbildung 6.3 dargestellt. Es zeigt sich, dass insgesamt längere Warteschlangen vor den Treppenhäusern entstehen, wobei zudem eine Verlagerung der Stauungen auf Grund der beengten Platzverhältnisse zu beobachten ist. Die oben genannten schmalen Durchgänge zwischen den Sitzplätzen bilden erkennbare Problemzonen aus, die eine Entfluchtung behindern.
Bei der Betrachtung dieser Fluchtsituation im ersten Stockwerk muss beachtet werden, dass sich dort insgesamt mehr Personen aufhalten als bei den vorhergehenden Simulationen. Gegenüber einem Szenario mit freier Tanzfläche müssen hier etwa zusätzliche 150 Personen die Etage verlassen.
Die Entfluchtungszeit für das gesamte Gebäude ändert sich trotz der oben genannten Einschränkungen und Behinderungen nicht signifikant.
Die Verzögerungen, als Ergebnis der Einrichtungsgegenstände und der höheren Personendichte im ersten Stockwerk, werden kompensiert durch die kurzen Fluchtwege, die für diese Personen gelten.
In Tabelle 10 sind die Entfluchtungszeiten der berechneten Simulationen zusammengefasst.

 

Abbildung 6.3 Stauungen im Bereich der Sitzplätze

 

Entfluchtungszeiten [mm:ss]

1300 Personen

1500 Personen

1. Etage als Dinnerbereich

5:43

6:10

1. Etage als Tanzfläche

5:49

6:15

Tabelle 10 Entfluchtungszeiten für Tanz- oder Dinnerfläche

 

6.3 Veränderungen bei eingeschränkter Nutzung von Ausgängen  downtop

Die Simulationen in diesem Kapitel sollen Aufschluss geben, inwieweit Hindernisse oder Einengungen in Fluchtwegen Auswirkungen auf die Evakuierungszeit haben. Weiterhin wird betrachtet, welche Effekte auftreten, wenn ein oder mehrere Ausgänge nicht nutzbar sind.

Abbildung 6.4 zeigt zwei Hindernisse, die entscheidende Stellen der Fluchtwege einengen und zu längeren Wartschlangen in dem entsprechenden Stockwerk führen. Es werden außerdem die Personen behindert, die aus den darüber liegenden Etagen flüchten wollen.
Die Ergebnisse zeigen, dass bei einer Simulation mit 1500 Personen deutliche Verzögerungen bei der Evakuierung auftreten. Die bereits vorhandenen Warteschlangen vergrößern sich durch die Hindernisse zusätzlich. Demgegenüber verändern sich die Zeiten von 1300 Personen nicht signifikant.
Eine starke Gefährdung für die Population tritt ein, wenn ein oder mehrere Ausgänge nicht nutzbar sind. In Tabelle 11 sind die Evakuierungszeiten für derartige Szenarien aufgeführt. Bereits ein verschlossener Ausgang verzögert die Entfluchtung um mindestens 3 Minuten. Sind zwei Ausgänge unpassierbar, erhöht sich diese Zeit auf ca. 14 bzw. 16 Minuten.
Als Konsequenz dieser Simulationen wird ersichtlich, dass es notwendig ist, alle Ausgänge bei diesen Besucherzahlen ständig offen zu halten sowie keinerlei Hindernisse in den Fluchtwegen aufzustellen.

Abbildung 6.4 Hindernisse im Fluchtweg

 

Entfluchtungszeiten [mm:ss]

1300 Personen

1500 Personen

Ohne Hindernisse

9:10

9:40

Hindernisse im Fluchtweg

9:12

10:43

Ein verschlossener Ausgang

12:56

14:10

Zwei verschlossene Ausgänge

13:47

16:02

Tabelle 11 Entfluchtungszeiten bei Hindernissen oder verschlossenen Ausgängen

 

6.4 Evakuierungsergebnisse unter Berücksichtigung baulicher Änderungen   top

Die Evakuierung der Besucher des Goyahauptstadtclubs findet hauptsächlich über die vier Treppenhäuser in den Gebäudeecken statt. Eine Entlastung dieser vorhandenen Fluchtwege oder einer Erhöhung der Besucherzahl könnte durch einen zusätzlichen Ausgang erreicht werden.
Die durchgeführten Simulationen sollen die Wirkung eines erdachten Notausganges zeigen und verdeutlichen, wie sich die Evakuierungszeit verändert oder wie viele Personen sich zusätzlich in dem Gebäude aufhalten könnten.

Der erarbeitete Ausgang bietet Personen aus dem zweiten und dritten Obergeschoss einen weiteren Fluchtweg. Bei den vorherigen Versuchen hat sich gezeigt, dass der Aufenthalt in diesen Etagen die längste Evakuierungszeit hervorruft.
Abbildung 6.5 zeigt einen Teil der Konstruktion aus dem dritten Obergeschoss. Gedacht sind zwei Podeste an der Außenfassade des Gebäudes und entsprechende Treppen auf das Niveau des Erdgeschosses. Die Breite der Fluchtwege wird mit 1,8 m angenommen, was einer zusätzlichen Besucherzahl von 300 Personen entsprechen würde.

Die Ergebnisse aus Tabelle 12 zeigen, dass sich deutliche Vorteile bei der Evakuierung ergeben. Für 1300 und 1500 Personen ergeben sich Zeitunterschiede von 60 bzw. 45 Sekunden.
Ohne nennenswerte Änderungen bei der Evakuierungsdauer könnten ca. 1700 Personen für den Club zugelassen werden. Da der zusätzliche Ausgang nur Personen aus den oberen Etagen zur Verfügung steht, ergeben sich bei einer Erhöhung um 300 Individuen längere Fluchtzeiten.

 

Entfluchtungszeiten [mm:ss]

Ohne Änderung

Mit weiterem Ausgang

1300 Personen

5:49

4:51

1500 Personen

6:15

5:30

1700 Personen

7:29

6:20

1800 Personen

8:17

7:38

Tabelle 12 Entfluchtungszeiten mit und ohne bauliche Änderungen

 

Abbildung 6.5 Zusätzlicher Ausgang